US-Ökonom fürchtet Armutsmigration

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Foto: Christian von Polentz

Gibt es nach der Krise vor fünf Jahren eine Rückkehr zur Normalität? Die ver­hei­ßene Erholung hat sich nicht ein­ge­stellt, sagt der US-Ökonom James Galbraith. Die wirt­schaft­li­che Volatilität wird wei­ter gehen, da die Gründe für die Krise nicht beho­ben wur­den. Galbraith erklärt in Berlin, was er der Politik rät.

Nach der Krise vor fünf Jahren gibt es keine Rückkehr zur Normalität, sagt der US-Ökonom James Galbraith. Und die, die das vor­aus­ge­sagt haben, wur­den nicht gehört. Die wirt­schaft­li­che Volatilität wird wei­ter gehen, da die Gründe für die Krise nicht beho­ben wur­den. „Wir hier müs­sen uns nun fra­gen, wie packen wir das an?“, fragt Galbraith die Teilnehmer der Kurswechselkongress in Berlin. Der Schuldenschnitt ist eine dumme Sache und wird das nicht ändern, kri­ti­siert er die Bundesregierung.

Der 60-Jährige gilt als markt­kri­ti­scher Querdenker und genießt große Bekanntheit. Er ist der Sohn des berühm­ten Öko­no­men John Kenneth Galbraith.Europa steht vor neuen Verwerfungen, befürch­tet der US-Ökonom James Galbraith. Er sieht eine wach­sende Kluft in der EU und eine dar­aus resul­tie­rende mas­sen­hafte Armutsmigration. Denn nach Ansicht des Öko­no­men hat Europa die Krise kei­nes­wegs über­wun­den, son­dern die Gemeinschaft steht vor neuen Herausforderungen. "Die Eurokrise wird zu einer gro­ßen Ungleichheit inner­halb Europas füh­ren", warnt der Professor, der an der University of Texas in Austin unter­rich­tet. Die aktu­elle Strategie des Sparens wird in einen Kollaps der Länder füh­ren, die am wirt­schaft­li­chen Rand der euro­päi­schen Union ste­hen. Galbraith for­dert eine stär­kere Harmonisierung und mehr Solidarität inner­halb der Währungsunion.

Lob für Europa-Papier der IG Metall
Die Schulden in Europa müs­sen umstruk­tu­riert wer­den, for­dert Galbraith wei­ter. Das was der Vorstand der IG Metall in sei­nem Europa-Papier dazu sagt, zeige gute Instrumente auf, lobt er. „Das ist ein her­vor­ra­gen­des Dokument.“ Der Amerikaner schlägt zwei ergän­zende Punkte vor: „Eine gemein­same euro­päi­sche Pensionsunion wäre eine gute Sache. Das würde die Rentenstandards in ganz Europa anglei­chen." Galbraith hält auch einen euro­päi­schen Mindestlohn für not­wen­dig und sinnvoll.

Die Krise führt zu einem dra­ma­ti­schen Anstieg der Ungleichheit inner­halb Europas. Einzelne Volkswirtschaften wer­den zer­stört durch die der­zei­tige Strategie, die ein­zig auf Sparprogramme aus­ge­rich­tet ist.“ Die Folge: eine noch dra­ma­ti­scher stei­gende Arbeitslosigkeit und eine mas­sive Migration inner­halb Europas, sagt der Öko­nom. „Wer glaubt, man könne den sozia­len Konsequenzen ent­kom­men, der irrt sich gewaltig."

Radikale Maßnahmen
Galbraith schlägt radi­kale Maßnahmen vor, die auch ges­tern in Berlin der ame­ri­ka­ni­sche Öko­nom Nouriel Roubini Papier for­derte: „Wir brau­chen vor allem drei Dinge: Gemeinsame euro­päi­sche Anleihen, eine kraft­volle Investmentinitiative, zum Beispiel über die Europäische Investitionsbank (EIB), sowie eine Europäisierung der Finanzregulierung."

Der Weg aus der Euro-Krise? Weg vom mark­tra­di­ka­len Denken und Offenheit für ganz neue Ansätze, betonte Galbraith.