Erneuerbare Energien: Deutsche Firmen starten aus Pole-Position

Claudia Kemfert

Foto: Daniel Morsey

Erneuerbare Energien sind die größte welt­weite Wachstumsbranche. Und deut­sche Hersteller sind für die­sen Zukunftsmarkt gut auf­ge­stellt. Von grü­nen Technologien pro­fi­tie­ren auch Hersteller, die zur­zeit benoch behaup­ten, die Energiewende schade ihnen. Das sagt Professorin Claudia Kemfert, Energieökonomin am Deutschen Institit für Wirtschaftsforschung, im Interview.

Welche Position neh­men deut­sche Anbieter bei den Erneuerbaren Energien zur­zeit im glo­ba­len Wettbewerb ein?
Eine "Pole Position": Sie sind für den inter­na­tio­na­len Wettbewerb gut auf­ge­stellt. Das gilt sowohl für den Windmarkt als auch größ­ten­teils für die Solarenergie. In der Solarbranche herrscht mitt­ler­weile ein irr­sin­ni­ger Wettbewerb, der auch für einen enor­men Kostendruck gesorgt hat. Das ist einer­seits gut für die Verbraucher, die von den gesun­ke­nen Kosten pro­fi­tie­ren. Anderseits führt es aber auch dazu, dass es zu einer Konsolidierung kommt und der Druck auf ein­zelne Konzerne immer wei­ter zunimmt. Der Markt der erneu­er­ba­ren Energien ist nach wie vor der Zukunftsmarkt. Diejenigen Konzerne, die sich jetzt fit machen für die­sen wich­ti­gen Markt, wer­den auf jeden Fall mittel- bis lang­fris­tig die Nase vorn haben.

Wie schät­zen Sie ihre Zukunftsperspektiven ein?
Absolut posi­tiv. Man darf auch nicht ver­ges­sen, dass neben den direk­ten Anbietern erneu­er­ba­rer Energien auch die Anlagenhersteller, Monteure und Berater pro­fi­tie­ren. Auch die Verbesserung der Energieeffizienz gewinnt immer mehr an Bedeutung, in nahezu allen Ländern der Welt, gerade durch eine immer wei­ter stei­gende Nachfrage nach fos­si­len Energien und ande­ren Ressourcen. Nachhaltige Energieversorgung und Mobilität bedür­fen erneu­er­ba­rer Energien, aber auch einer ver­bes­ser­ten Energieeffizienz bei­spiels­weise im Gebäude- und Mobilitätsbereich. Die deut­schen Unternehmen sind dafür extrem gut auf­ge­stellt. Sie füh­ren viele Rankings glo­ba­ler Unternehmen in die­sen Bereichen an. Ein Beispiel ist die Chemieindustrie: Sie stellt Ersatzstoffe zum Öl her, aber auch Dämmmaterialien für die Fahrzeug- und Gebäudeindustrie. Auch wenn öffent­lich die Sorge vor hohen Energiekosten häu­fig domi­niert: Die deut­schen Unternehmen kön­nen wie keine ande­ren vom Boom der Energiewende pro­fi­tie­ren. Hunderttausende neue Arbeitsplätze sind so im kom­men­den Jahrzehnt möglich.

In wel­chen Ländern lie­gen die Märkte der Zukunft?
In Deutschland, Europa, gefolgt von Asien, ins­be­son­dere China, und den USA. Aber auch Japan folgt mit einem Ausstieg aus der Atomenergie. Aufgrund immer wei­ter stei­gen­der Preise für fos­sile Energien und andere Ressourcen sind alle Länder gut bera­ten, ver­stärkt auf Kreislaufwirtschaft, Ressourcen- und Materialeffizienz zu set­zen. Die Fokussierung auf diese wich­ti­gen Bereiche spart nicht nur enorme Kosten ein, son­dern ermög­licht auch das Erschließen die­ser wich­ti­gen Zukunftsbereiche. Deutschland geht als ers­tes Industrieland die­sen wich­ti­gen Weg. Viele Länder wer­den dem Beispiel fol­gen. McKinsey hat im Rahmen einer jüngst vor­ge­stell­ten Studie bestä­tigt, dass sich der Anteil der erneu­er­ba­ren Energien in den kom­men­den zwei Jahrzehnten welt­weit ver­sechs­fa­chen wird und sie somit die größte glo­bal Wachstumsbranche dar­stellt. Dies birgt enorme wirt­schaft­li­che Chancen – auch für deut­sche Unternehmen.

Wo sind die stärks­ten Konkurrenten?
Eindeutig in Asien, im Bereich der Solarenergie, und auch in den USA, bei der Windenergie. Der Wettbewerb hat zu einem enor­men Kostendruck geführt, von dem vor allem Verbraucher pro­fi­tie­ren kön­nen. Somit errei­chen diese Technologien schnel­ler als bis­her gedacht die Schwelle zur Wettbewerbsfähigkeit, wodurch wie­derum die Nachfrage zuneh­men wird. Sicherlich setzt ins­be­son­dere die USA auf­grund des star­ken Zuwachses von unkon­ven­tio­nel­lem Gas auf fos­sile Energien. Gaskraftwerke sind zudem beson­ders gut geeig­net zur Kombination mit erneu­er­ba­ren Energien. Deutschlands Hersteller von Kraftwerken sind welt­weit füh­rend in die­sem Bereich und kön­nen auch von die­ser Entwicklung profitieren.

Wer sind die Verlierer der Energiewende und zu wel­chen (Innovations-)Strategien wür­den Sie ihnen raten?
Ich würde nicht von Verlierern spre­chen, obwohl sich einige Unternehmen fälsch­li­cher­weise selbst so bezeich­nen. Die klas­si­sche Industrie in Deutschland, die vor allem sehr ener­gie­in­ten­siv ist, pro­fi­tiert von den wach­sen­den Märkten der erneu­er­ba­ren Energien, der Verbesserung der Energieeffizienz oder nach­hal­ti­ger Mobilität. Mir fal­len kaum Unternehmen ein, die sich die­sen Herausforderungen der immer knap­per und teu­rer wer­den­den fos­si­len Energien und Ressourcen sowie dem Umwelt- und Klimaschutz nicht stel­len. Manche haben sicher bes­sere Ausgangsvoraussetzungen als andere. Es ist aller­dings auf­fäl­lig, dass man­che Branchen öffent­lich behaup­ten, diese Entwicklung schade der Branche, obwohl sie ins­ge­samt davon pro­fi­tie­ren. Die jüngs­ten Rankings haben das wie­der ein­mal bewie­sen. Man fin­det somit nicht nur die erwar­te­ten Unternehmen wie Siemens als Supersector Leader im Dow Jones Sustainability Index (DJSI) für Industrieprodukte, son­dern auch bei­spiels­weise BMW, Bayer oder Thyssen Krupp. Daran erkennt man, dass nahezu alle Unternehmen die Herausforderungen anneh­men und dies mitt­ler­weile Früchte trägt.

Viele pri­vate Stromverbraucher sind nicht glück­lich dar­über, dass sie die erneu­er­ba­ren Energien durch die EEG-Umlage oder die Umlage für Haftungsrisiken bei Netzausfall tra­gen sol­len: Wird die Energiewende für die Bürger nicht zu teuer? 
Die Unterstützung der Deutschen für die Energiewende ist nach wie vor hoch, sie sind auch bereit dafür zu bezah­len. Sicher sinkt die Akzeptanz mit immer wei­ter stei­gen­den Energiepreisen. Anteilig zah­len die meis­ten Haushalte jedoch deut­lich mehr für stei­gende Energiekosten durch Öl und Gas als für Strom. Die Energiewende soll ja vor allem auch den Haushalten durch eine ver­bes­serte Energieeffizienz hel­fen, die Kosten zu ver­min­dern. Somit kön­nen mit­tel­fris­tig mehr Kosten ein­ge­spart wer­den. Das zu ver­mit­teln und für die gesell­schaft­li­che Akzeptanz der Bürger zu wer­ben, wäre in der Tat Aufgabe der Politik. Schnellschüsse bei der Ände­rung der Finanzierung der Energiewende sind eher kon­tra­pro­duk­tiv, vor allem, weil man Investoren Planungssicherheit ver­mit­teln muss. Die Politik wäre bes­ser bera­ten, eine ver­nünf­tige Ausgestaltung der Energiewende ein­zu­lei­ten und für mehr Transparenz und weni­ger Verwirrung zu sorgen.

Ein Gedanke zu “Erneuerbare Energien: Deutsche Firmen starten aus Pole-Position

  1. Sie sind auf dem Holzweg . Alles bis­her Geschaffene ist nicht kos­ten­de­ckend und unge­eig­net für eine sichere BEDARFSDECKUNG des volks­wirt­schaft­li­chen Energiebedarfes (Grund und Spitzenlast). Nur, weil unsin­ni­ger­weise keine Anschubunterstützung, son­dern auf 20 Jahre Subventionszusage vom Staat gege­ben wurde, sich Investoren gefun­den, die an der siche­ren Rendite von min­des­ten 11 % teil­ha­ben woll­ten. Lottogewinn. Ich bin nicht bereit die ohne Halt anstei­gen­den Stromkosten zu bezah­len. Das soll­ten die Berater und poli­ti­schen Verantwortlichen übernehmen.